Mittwoch, 17. Januar 2007

Große Koalition mit extra viel ÖVP

Österreich ist zweifellos ein konservatives Land. Dass sich im letzten Wahlkampf die linken Inhalte durchgesetzt haben ist eigentlich ein Grund für linke Politik. Dass die Bundes SPÖ das nicht wahrnimmt, ist das eigentlich schade.

Die Regierungsbildung lässt nur wenige kalt. Die Bevölkerung (zumindest in Linz so weit ich das beurteilen kann) diskutiert in Straßenbahnen, Cafes und Hörsälen über diejenigen, die voraussichtlich die nächsten vier Jahre die Geschicke des Landes leiten werden. Einig scheint sich die Bevölkerung in dem Punkt zu sein, dass die SozialdemokratInnen die Verhandlungen verloren haben. Das Positive: Viele Personen, die zuvor niemals sozialdemokratischen Inhalten nachgeweint hätten, tun das plötzlich.

Ehrgeiz und Verhandlung

Drei mehrheitsfähige Meinungen über das, warum, die Verhandlungen so ausgegangen sind, wie sie sind:

1. Alfred Gusenbauer wollte unbedingt Bundeskanzler werden.

Das Bild von dem ehrgeizigen ArbeiterInnenjungen, der ganz oben stehen will hat sich durchgesetzt. Schon immer unbedingt ganz oben stehen zu wollen, mag vielleicht zu ehrgeizig sein und in Folge dazu führen, dass man vorschnell nachgibt.

2. Schüssel ist der glorreiche Stratege

Wolfgang Schüssel wird nachgesagt, er verfüge über Unmengen von strategischem Geschick und gewinne alle Verhandlungen. Bestens vorbereitet kommt am Ende für ihn das raus, was er von Anfang an im Sinn hatte.

3. Die SPÖ liegt nur mit wenigen Stimmen voran, ihr Spielraum ist daher so gering.

Allmählich setzt sich diese Meinung durch, die SPÖ kommuniziert das auch so. Richtig ist, dass die SPÖ nicht den Spielraum einer Alleinregierung hat, aber immerhin den der stimmenstärksten Partei.

Rote Handschrift

Tatsächlich geht es aber um viel mehr als „nur“ Verhandlungsgeschick oder Allmachtsfantasien, es geht um Prinzipien, Ideale und Glaubwürdigkeit. Alfred Gusenbauer und die Bundes SPÖ haben – warum auch immer - nicht so gehandelt wie man es von ihnen erwartet hätte.

Als stimmenstärkste Fraktion hätte es an ihnen liegen müssen, die zukünftige Richtung des Landes zu bestimmen. Das ist nach dem Regierungsprogramm und der Ministerienbesetzung nicht der Fall, ganz im Gegenteil. Die konservativ-neoliberale Politik wird fortgesetzt. Seit Antritt der Regierung hat die SPÖ von nichts gesprochen, was sie von der letzten Regierung wieder rückgängig machen will. Punkte hätte es aus sozialdemokratischer Perspektive genug gegeben. Pensionsreform, Kindergeld, HSG - Reform, Studiengebühren, Fremdenrecht, Eurofighter, etc ...

Unabhängig davon, dass die SPÖ alle „Errungenschaften“ der schwarzblauen Regierung als gegeben hinnimmt, war sie nicht in der Lage, „sozialdemokratische“ Inhalte und Reformen im Regierungs-Programm einzubringen und durchzusetzen. Die Gesamtschule, die Abschaffung von Sitzenbleiben, verteilungspolitische Maßnahmen für soziale Gerechtigkeit, die Verbesserung der Situation von Lehrlingen durch staatliche Investionsmaßnahmen und überbetrieblichen Lehrwerkstätten, die Bildungsoffensive, etc.. bleiben aus.

Linke Politik

Die letzten Jahre wurde Österreich von einer konservativen und zwei rechten Parteien regiert. Dass die ÖsterreicherInnen am 1. Oktober 2006 diese Politik abgewählt haben war ein deutliches Zeichen an die Sozialdemokratie, die in den Wahlkampf mit durchaus linken Positionen getreten ist. Mit konkreten Maßnahmen und Konzepten wie „Sitzenbleiben abschaffen“; „Gesamtschule einführen“, „Wohlstand gerecht verteilen“, „Jugendarbeitslosigkeit halbieren“ gingen sie als die gerechten GewinnerInnen der Wahl hervor. Die ÖVP musste die selbst verursachte Niederlage hinnehmen. Die Bevölkerung erwartete die SPÖ Wahlversprechen und somit linke Inhalte im Regierungsprogramm.

Hätten die Spitzen der SPÖ die Prinzipien und Ideale der Sozialdemokratie gewahrt, wäre das Ergebnis wohl auch nicht das geworden, was es schlussendlich ist. Vielleicht gäbe es eine SP – Minderheitsregierung, vielleicht eine Regierung ohne sozialdemokratische Beteiligung, vielleicht eine Große Koalition mit sozialdemokratischen Inhalten. Fest steht, Gusenbauer hat für den Kanzler viel hergegeben. Ob zu viel wird sich spätestens bei den nächsten NR-Wahlen zeigen. Ein Teil der Basis wird da nicht mehr für ihn laufen.

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